Rolf Majcen im Interview zum Treppenlaufen
30.12.2010
Im Gespräch mit Waltraud gibt Rolf Einblicke in ein abenteuerliches Leben...
W: Rolf, Du konntest 2010 im Treppenlauf-Gesamtweltcup den sechsten Platz belegen. Ich würde gerne ein Interview mit Dir übers Treppenlaufen machen. Hilf mir bitte vorweg, wie bezeichnet man diese Sportart genau?
R: Du kannst Treppenlaufen sagen. Andere internationale Bezeichnungen sind Tower Running oder Stair Climbing. Treppenläufe werden auch gerne als Run Up oder Vertical Marathon bezeichnet. Gebräuchliche deutsche Bezeichnungen sind auch Turmlauf oder Stiegenlauf.
W: Danke! Wie bist zu zum Treppenlaufen gekommen?
R: Ich bin in Graz aufgewachsen und war schon immer gerne in den Bergen, bin gerne schnell bergauf gestiegen. Durch den berufsbedingten Wechsel von Graz nach Wien 1998 rückten die Berge leider in die Ferne. Zufällig habe ich 1998 aber auch vom Wiener Donauturm-Treppenlauf gehört und wollte teilnehmen. Konditionell war ich gut in Form und so dachte ich mir, dass mir das wettkampfmäßige Treppensteigen entgegenkommen sollte. Meine erste Teilnahme beim Donauturmlauf brachte ohne spezielles Training gleich eine Spitzenzeit und den vierten Gesamtrang! Wenig später gewann ich den Turmlauf in Judenburg. 1999 habe ich erstmals vom CN-Tower Stair Climb in Toronto gelesen und war sofort von der Idee begeistert, im damals höchsten Gebäude der Welt zu laufen. Nach intensiver Vorbereitung flog ich nach Canada und konnte den Turmlauf vor 7000 begeisterten Treppenläufern gewinnen. Der Sieg löste in mir eine große Leidenschaft aus, noch weitere Treppenläufe in den höchsten und bekanntesten Wolkenkratzern dieser Erde zu bestreiten.
W: Wie ging es nach dem Sieg beim CN-Tower Stairclimb weiter?
R: Der Erfolg in Toronto im Oktober 1999 hat mich zur Teilnahme am Empire State Building Lauf in New York motiviert. Das traditionsreiche Rennen fand bereits drei Monate später, im Jänner 2000, statt und mit Platz 8 landete ich im Spitzenfeld. Zu jener Zeit und auch noch für einige Jahre danach lag meine große Leidenschaft jedoch im wettkampfmäßigen Skibergsteigen. Das ist ein Ausdauersport, bei dem es vereinfacht ausgedrückt gilt, mit Tourenski und Steigfellen auf vorgegebenen Routen schnellstmöglich auf Berge zu steigen und wieder abzufahren. Im Jänner 2001 fuhr ich unmittelbar nach der Teilnahme an der Mountain Attack (Österreichs bekanntester Wettkampf im Skibergsteigen in Saalbach) nach Magdeburg zum Hochhauslauf und gewann den Treppenlauf mit neuem Streckenrekord, zwei Wochen später war ich bei meiner zweiten Teilnahme im Empire State Building Neunter.
W: Haben sich Treppenlaufen und Wettkampf-Skibergsteigen überhaupt vereinbaren lassen?
R: Nur bedingt! Die Klassiker im Wettkampf-Skibergsteigen dauern etwa zwei bis drei Stunden, die extremsten Bewerbe, etwa die berühmte Patrouille des Glaciers in Zermatt um die 10 Stunden und länger. Treppenlaufen in den höchsten Gebäuden der Welt dagegen nicht einmal eine Viertelstunde. Natürlich gibt es auch reine Uphill-Sprints beim Skibergsteigen, die mir sehr entgegengekommen sind. Ich habe 2000 aber auch Fehler gemacht, weil ich in der Planung zu motiviert war: Schon am Wochenende nach meiner ersten Teilnahme an der Patrouille des Glaciers flog ich nach Malaysia zum Turmlauf im 421 Meter hohen Menara Tower, das ist der höchste Turm von Südostasien. Zum Verstehen: Zuerst 53 Kilometer und 4000 Höhenmeter mit den Tourenski wettkampfmäßig weit über 10 Stunden durch die Westalpen von Zermatt auf der Haute Route Nordvariante über die die 3750 Meter hohe Tete Blanche nach Verbier. Start um Mitternacht, eine Gletscherwelt mit Schnee, Eis und kaltem Sturm. Danach 1000 Kilometer mit dem Auto in die Heimat und schon am Wochenende darauf ein fast 10.000 Kilometer weiter Langstreckenflug ins subtropisch heiße Malaysia mit großer Zeitverschiebung. Das war ein krasser Planungsfehler, konnte einfach nicht gut gehen. Ich konnte mich von den Anstrengungen der Patrouille des Glaciers nicht so schnell erholen, merkte dies beim Sprint über die 2000 Stufen, kam nur auf Platz 52. Damit war ich natürlich nicht zufrieden, denn ich wusste, dass ich besser war, als es das Ergebnis anzeigte. In der Folge habe ich die Bewerbe nie wieder falsch geplant. Für alle anderen Treppenläufe konnte ich mich gezielt vorbereiten und trotz der einen oder anderen krankheitsbedingten Schwächephase immer unter die Top 20 laufen.
W: Malaysia war Dein erster Wettkampf in Asien?
R: Ja! Von den Wolkenkratzern in der Hauptstadt Kuala Lumpur war ich sehr beeindruckt. Der Treppenlauf fand im Menara Tower statt, nicht in den wohl bekannteren Petronas Towers. Gleich nach dem Wettkampf flog ich nach Thailand nach Koh Samui zum Baden, brauchte aber einige Tage, um das schlechte Abschneiden mental zu verarbeiten; dies insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, dass ich bereits in 3 Wochen beim Turmlauf in Moskau an den Start gehen sollte und der Flug dorthin schon gebucht war!
W: Moskau? Meinst Du den Ostankino Tower?
R: Genau! Der Bewerb ist zum Glück ganz gut gelaufen, ich wurde Vierzehnter. In einem Top-Zustand wäre sicher mehr drinnen gewesen. Die Veranstaltung in Moskau war absolut großartig mit reichhaltigem Rahmenprogramm und toller Siegerehrung. Da hat sogar die russische Militärkapelle gespielt. Und der Turm hat mich extrem beeindruckt, denn er ragte wie eine schlanke überdimensionale Nadel mit langer Spitze, die auf einem Dreibein stand, 528 Meter in den blauen Himmel.
W: Welche Treppenläufe hast Du nach Deiner zweiten Teilnahme beim Empire State Building Lauf 2001 bestritten?
R: Im Jahr 2002 wurde ich in Graz beim Treppenlauf auf den Grazer Schlossberg Zweiter und beim Donauturm-Treppenlauf Dritter, danach habe ich mich anderen Sportarten gewidmet und bin mit Ausnahme vom Donauturmlauf erst wieder 2008 ins internationale Geschehen eingestiegen.
W: Was waren in dieser Übergangsphase abseits des Treppenlaufens Deine schönsten sportlichen Erlebnisse?
R: Da gab es unzählige unterschiedliche! Ich liebe die Vielfalt der Abenteuer, suche mir ständig neue Herausforderungen. Ich habe in dieser Zeit mehr als 50 Wettkämpfe im Skibergsteigen in acht verschiedenen Ländern bestritten und an den größten Wettkampf-Skibergsteigen teilgenommen. Mit meinen Wettkampfpartnern Hermann Kofler und Johann Wieland konnte ich bei meiner dritten "Patrouille des Glaciers" mit 9.15 Stunden Platz 7 in der Klassenwertung (2004) erreichen. Unvergesslich bleiben mir auch das Adamello Ski Raid (2006), ein 42 Kilometer langer Gebirgsmarathon mit Ski über den 3539 Meter hohen Adamello-Gipfel , die viertägige Pierra Menta (2003) in den französischen Alpen, bei der wir 10.000 extreme Höhenmeter mit Kletterpassagen und Steilabfahrten durch spektakuläre Couloirs bewältigen mussten und die berühmte Trofeo Mezzalama (2003), die im italienischen Monte Rosa Gebiet mit Ski, Seil und Steigeisen 45 Kilometer über zwei Viertausender führt. Hermann Kofler und ich waren die ersten Österreicher, die im Weltcup der Skibergsteiger Punkte für Österreich holen konnten. Ich habe in dieser Zeit auch einige große Bergläufe und Berglauf-Marathons bestritten, wie Jungfrau Marathon, Swiss Alpine Marathon, Zermatt Marathon, das Grintovec Mountain Race, das Val Gardena Extrem Bergrennen, das Domomites Sky Race oder den Matterhorn Berglauf. Großartig war auch die Kombination aus Berglauf und Wettkampf-Skibergsteigen bei der Mont Blanc Sky Ski Trophy wo wir von Courmayeur mehr als 3000 Höhenmeter hinauf zum Mer de Glace rennen mussten! In dieser „Übergangsphase“ habe ich auch unvergessliche Radmarathons bestritten, das 540 Kilometer lange Race Across the Alps, die 24 Stunden Silberreiher-Trophy oder den 1225 km langen Radsport-Klassiker Paris-Brest-Paris.
W: Wie kam es dazu, dass Du 2008 wieder zum Treppenlaufen zurückgekommen bist?
R: Ganz einfach, weil ich mittlerweile Vater von zwei kleinen Kindern (8 und 6 1/2) bin! Ausdauersport, insbesondere Radsport, verlangt ein sehr zeitintensives Training. Mein Rad habe ich unmittelbar nach Paris-Brest-Paris 2003 verkauft, als Fabio 10 Monate alt war. Danach bin ich bis zum Sommer 2010 vielleicht 50 Kilometer mit dem Rad gefahren. Vom Wettkampf-Skibergsteigen und Berglaufen habe ich mich auch mehr und mehr zurückgezogen, habe mir nur mehr ein bis zwei Highlights pro Jahr gesetzt. Dafür blieb mir wesentlich mehr Zeit für die Kinder und diese Zeit und die Erlebnisse mit ihnen waren fantastisch und hätten niemals nachgeholt werden können. Ganz aus dem Wettkampf-Sport wollte ich mich noch nicht zurückziehen, weil meine körperliche Verfassung sehr gut war und was hätte sich besser angeboten, als das Treppenlaufen, für das ich in Wien optimale Trainingsmöglichkeiten unter bestmöglichem Zeitmanagement finde um neben Job und Training viel Zeit mit der Familie zu verbringen.
W: Über welche Treppen bist Du seit 2008 gelaufen?
R: 2008 bis 2010 habe ich viele großartige Erinnerungen an fantastische Treppenläufe in Europa, Asien und Amerika. In Chicago bin ich auf das 344 Meter hohe John Hanckock Centre und auf Amerikas höchsten Wolkenkratzer, den Willis Tower, jeweils auf Platz 7 gelaufen, in Los Angeles beim Lauf auf den US Bank Tower, das höchste Gebäude an der amerikanischen Westküste, war ich Vierter und den Lauf im New Yorker Rockefeller Centre habe ich gewonnen. In Asien war ich im damals höchsten Gebäude der Welt in Taiwan, dem über 500 Meter hohen Taipei 101, Zwölfter, in Singapur beim Vertical Marathon auf das 226 Meter hohe Stamford Hotel 18 und in Tel Aviv beim Run Up auf den Azrieli Tower (186 m) Fünfter. In Hong Kong konnte ich im über 300 Meter hohen Central Plaza den zweiten Platz belegen und auch im 300 Meter hohen Emirates Tower in Dubai wurde ich Zweiter. In Europa war viel los: In London gewann ich die Twin Peak Challenge (City Hall Tower und Broadgate Tower) und war Dritter beim Vertical Rush auf den Tower 42 (182 m). In Deutschland lief ich gute Zeiten im Messeturm in Frankfurt (257 m), im Park Inn in Berlin und beim Bad Wildbader Stäffeleslauf über die 1900 Stufen der Zahnradbahn. In Spanien war ich beim ungeliebten Massenstart-Rennen in Benidorm an der Costa Blanca im Gran Hotel Bali (190 m, höchstes Hotel von Europa) 11. In der Schweiz bezwang ich in Basel das höchste Gebäude der Schweiz als Siebenter und war beim Lauf über die 1700 Höhenmeter über die längste Treppe der Welt (11.000 Stufen) auf den Berg Niesen 18. Auch Österreich war ein sehr erfolgreicher Boden: Siege auf der Wiener Markwardtstiege und im Millenium Tower und Spitzenplätze im IZD-Tower und im Twin Tower, beide in Wien, beim Judenburger Stadtturmlauf und bei den 4000 Stufen über die Europatreppe in Partenen.
W: Wow! Das war viel! Hast Du Dich in dieser Zeit ausschließlich aufs Treppenlaufen konzentriert?
R: Ich bin sehr viel unterwegs gewesen, habe aber alles sehr gut organisiert und perfektes Zeitmanagement betrieben. 2008 habe ich auch an ein paar kleineren Bergläufen und am Pikes Peak Ascent in Colorado teilgenommen, das ist ein Halbmarathon von Manitou Springs über 2300 Höhenmeter auf den Pikes Peak (4300 m) in den Rocky Mountains. 2009 war ich im Kaukasus und konnte mit meinem Wettkampfpartner Hannes Böck ein Wettkampf-Skibergsteigen am Elbrus gewinnen und habe auch am Red Fox Elbrus Race Berglauf bis hinauf auf 5250 Meter teilgenommen. 2010 habe ich ganz auf den Towerrunning Weltcup ausgerichtet, jedoch im August einen Abstecher nach Norwegen zum Skaala, dem schönsten Berglauf nördlich der Alpen, unternommen. Im Towerrunning Weltcup2010 konnte ich den sechsten Gesamtrang erreichen, worüber ich sehr glücklich bin.
W: Zum sechsten Platz im Weltcup gratuliere ich Dir ganz herzlich! Wirst Du auch 2011 Treppenläufe bestreiten?
R: Ein paar Rennen stehen noch auf meiner Wunschliste. Wie viel sich davon realisieren lässt bleibt abzuwarten.
W: Wie trainierst Du?
R: Ich habe in Wien optimale Trainingsmöglichkeiten. Mein Büro ist im Galaxy Tower. Nach Dienst brauche ich nur ins Stiegenhaus zu gehen. Das Gebäude hat 21 Stockwerke und 400 Stufen. Bergab geht es mit dem Lift.
W: Rolf, ich wünsche Dir bei Deinen Vorhaben alles Gute und viel Erfolg! Vielen Dank für das Interview!
R: Gerne!
Homepage online
5.12.2025: Vorbereitungen für Weltrekordversuch laufen ... mehr dazu in Kürze!
1.12.2025: Sieg im Österreichischen Volkslaufcup!
28.11.2025: Qualifiziert für Berlin-Marathon 2026!
25.11.2025: Weiterhin warten auf optimale Bedungungen für mein neuestes Heissluftballon-Projekt - sobald die Wettersituation wieder perfekte Bedingungen in den Westalpen verspricht, geht es los. Mehr dazu in Kürze. ABER: Wir haben nur 1 bis 3 Chancen pro Saison!
12.11.2025: 5 TOP Klettersteige am Gardasee!
8.1.2025: ES MÖGE BITTE WIEDER EIN GUTES JAHR WERDEN... Es gibt auch heuer wieder einige super Ideen für tolle Projekte...